4 Elektronische Einzelhandelsmärkte
Der elektronische Einzelhandelsmarkt ist dadurch gekennzeichnet, dass der Endkonsument auf einem Elektronischen Markt einkauft. Es ist anzunehmen, dass der Anbieter der Produkte auf diesen elektronischen Einzelhandelsmärkten seinerseits auf Elektronischen Märkten einkauft, oder dies wenigstens dort tut, wo solche Beschaffungsmärkte existieren. Mindestens eine EDI-gestützte Beschaffung wird die Regel sein. Insgesamt kann die Architektur Elektronischer Einzelhandelsmärkte daher wie in Bild I - 4 dargestellt werden:
Bild I - 4: Elektronische Einzelhandelsmärkte
- Als Basisprodukte bezeichnen wir (möglichst standardisierte) Güter oder Dienstleistungen, die von spezialisierten Produktionsunternehmen hergestellt werden, wie Flug-, Bahn- und Schiffsreisen, Hotelübernachtungen, Logistikdienstleistungen, Zahlungsverkehr, Transport-, Reise- oder Autoversicherungen.
- Diese Güter mit Commodity-Charakter werden auf globalen Elektronischen Märkten angeboten und sind mittels EDI abrufbar.
- Die Bündelung oder das Assembling dieser Basisprodukte zu Paketen, die eine (möglichst umfassende) Problemlösung für den Kunden darstellen, erfolgt auf der nächsten Stufe. Diese Produkte sind somit kunden- und problemspezifisch. Für einen Reisewilligen im Bereich Städtetourismus kann ein solches Paket z.B. den Flug, das Hotelzimmer für eine bestimmte Anzahl Nächte, Eintrittskarten zu Veranstaltungen wie Konzerte, Tageskarten für das Verkehrsnetz der betreffenden Stadt, eine Reiseversicherung und Zahlungsmöglichkeiten umfassen. Solche Pakete werden heute von touristischen Systemen, wie sie den Reisebüros zur Verfügung stehen, hergestellt. Für den Besteller von Computerhardware umfasst ein Leistungspaket neben der gewünschten Hardware den Zahlungsverkehr, die Transportleistung sowie ggf. gewisse Versicherungsleistungen. Ein Servicevertrag kann als Option angeboten bzw. bezogen werden. Der Assembling-Prozess kann ein- oder mehrstufig erfolgen. Die diese Aufgabe wahrnehmende Organisationseinheit kann selbständig sein, sie kann einem Produzenten von Basisprodukten oder dem Betreiber des elektronischen Einzelhandelsmarktes gehören. Die längerfristig erfolgreichste Lösung dürfte im allgemeinen die selbständige sein, wofür weiter unten plädiert wird.
- Diese Paketlösungen werden nun auf problem- oder kundenspezifischen Märkten angeboten - den elektronischen Einzelhandelsmärkten. Sie sind Bestandteile der Electronic Mall. Elektronische Einzelhandelsmärkte erlauben demnach zunächst den alternativen Bezug der gewohnten Produkte über elektronische Märkte. Dies bringt einige Vorteile mit sich, wie: Mehr Bequemlichkeit (Einkauf von irgendwoher, z.B. zu Hause, im Büro), Einkauf zu jeder Zeit (z.B. spätabends, am Wochenende, am Arbeitsplatz), Zeitersparnis und meist geringere Kosten aufgrund besserer Vergleichsmöglichkeiten und günstigeren Preisen in Elektronischen Märkten aufgrund geringerer Transaktionskosten.
Damit sind jedoch die Möglichkeiten elektronischer Märkte noch keineswegs ausgeschöpft. In ihnen sind, wie bereits oben bemerkt, neue Dienstleistungen kostengünstig anbindbar, wie z.B. Produktebewertungen (Testberichte aus Zeitschriften oder von Rating Agenturen), interaktive Produktedemonstrationen (bei Software z.B. Demonstrationsprogramme), Bestellungen direkt aus dem elektronischen Katalog, mit zahlreichen Dienstleistungen angereicherte Produkte, z.B. durch Einbindung von weiteren Anbietern von im Kontext des primären Produktes nützlichen Leistungen.
Der Käufer im Elektronischen Markt kauft z.B. unterwegs oder im Geschäft und will die Lieferung nach Hause. Das Beispiel von Flower Stop" in den USA zeigt, wie der Kunde mit dem Drücken einiger Tasten auf elektronischem Wege die gewünschte Ware auswählen, die Lieferung veranlassen und sogleich bezahlen kann [Flower Stop 94].
Elektronische Einzelhandelsmärkte werden die Profile der Produkte nicht weniger verändern, als dies neue Technologien in der Vergangenheit, z.B. im Lebensmittelbereich getan haben, wo sie sich vom Einkauf einzelner Zutaten in Gramm und Kilogramm zu kundenspezifischen Portionen und Fertigmahlzeiten verändert haben. Sie werden neue Produkte und einen neuen Kunden, mit elektronischem Geld und neuen Bedürfnissen hervorbringen. Welches diese Bedürfnisse sein werden, und welche Produkte sich schliesslich etablieren werden, ist heute noch nicht absehbar. Die Electronic Mall ist der virtuelle Raum, welcher diese selektionieren wird.