LAHNENBERG. HOTEL ALPENFRIEDEN. - Vöglein zwitschern, Gritien zirpen, Glocken läuten. Die Sattmanns fahren vor.
HOTEL ALPENFRIEDEN / REZEPTION - Christl im prächtigen Dirndl, sie steht ums Eck, trinkt gerade ein Underberg-Fläschchen, läßt es verschwinden, richtet ihr onduliertes Haar, tritt vor zur Rezeption.
STIMME FRANZ: (währenddessen) Ja, Grüß Gott! Nein, das freut mich! Grüß Gott, allerseits! Willkommen in Lahnenberg!
Vor der Rezeption stehen zahlreiche Gäste. Franz schüttelt die Hände, Stefan teilt Zimmerschlüssel aus, der jugoslawische Hausdiener nimmt Koffer und trägt sie zum Lift.
CHRISTL: Ja, grüß Sie! Willkommen! Grüß Gott!
Bei der Tür herein kommen Karl-Friedrich, Elsa, Sabine, Gunnar, Heinrich und Asta. Gunnar trägt immer noch seine Frisur, man hat ihn aber überredet, sich etwas weniger abgerissen anzuziehen. Er hat seinen Walkman am Gürtel, die Kopfhörer an den Ohren. Franz sieht die Sattmanns.
FRANZ: (hebt begeistert die Hände) Die Sattmanns!
HOTEL ALPENFRIEDEN / TERRASSE. Tag. - Musikberieselung aus Lautsprecher mit Pseudovolksmusik. Frühstücksbuffet. Zwei Gabeln stechen gleichzeitig in ein Schinkenblatt. Karl-Friedrich schaut unwillig den kleinen Mann (Herrn Körner) neben sich an, der auch in das Schinkenblatt gestochen hat. Herr Körner zieht seine Gabel eingeschüchtert zurück. Karl-Friedrich lädt auf seinen Teller ziemliche Mengen von Schinken, Wurst und Käse. Er trägt Kniebundlederhosen und kariertes Hemd, Kniestrümpfe und Wanderschuhe. Die Gäste frühstücken, Stefan und Anna bedienen sie mit Kaffee und Tee. An einem Tisch steht Christl bei Gästen, unterhält sich mit ihnen. Karl-Friedrich sucht Butter, es ist keine mehr da, er schaut sich um, sieht Anna.
KARL-FRIEDRICH: (ruft) Anna!
Anna schaut her.
KARL-FRIEDRICH: Butter!
Anna nickt, Karl-Friedrich nimmt noch einen Krug Orangensaft mit, geht dann an einen Tisch an der Ballustrade. Dort sitzen Elsa und Heinrich beim Frühstücken. Elsa trägt ein Dirndl und Wanderschuhe, Heinrich eine Art von Safarianzug (nach Buren-Art) mit kurzen Hosen und Wanderschuhen. Heinrich wirft seinem Hund von einem aufgehäuften Teller Wurstblättchen zu.
HEINRICH: Hepp! - Hepp! - Hepp!
KARL-FRIEDRICH: (setzt sich) Man sollte dieses Frühstücks-Büffet wieder abschaffen! Das ist ja jedesmal ein Kampf um die Existenz! Ein unersättliches Volk, diese Deutschen! Daheim das ganze Jahr Kartoffeln und Bouletten und hier fressen sie sich voll!
Karl-Friedrich frißt in sich hinein, Christl kommt an den Tisch.
CHRISTL: Guten Morgen, die Herrschaften!
ELSA: Ah, guten Morgen, Frau Bürgermeister!
CHRISTL: Sie tragen ja ein zauberhaftes Dirndl, Frau Sattmann! Von hier?
ELSA: Ne, in München gekauft!
CHRISTL: Sehr hübsch! Wirklich! (Zu allen.) Haben Sie alles, was Sie brauchen?
KARL-FRIEDRICH:Ne! Butter fehlt!
CHRISTL: (ruft) Stefan! Bring Butter!
Stefan trägt ein Tablett, er nickt.
CHRISTL:Also, schönen Tag noch!
ELSA: Danke, Frau Bürgermeister! Gleichfalls!
Christl geht zu einem anderen Tisch.
ELSA: Ach, Karl-Friedrich! Ich bin immer ganz glücklich hier! Die gute Luft, die schöne Landschaft, die netten Menschen ...
KARL-FRIEDRICH: (schaut sich um) Nur leider zu viele Touristen!
HEINRICH: Ja, es ist wie ein regelrechter Feldzug! Nur sind da nur die besten durchgekommen! Was, Asta? (Wirft dem Hund ein Wurstblatt zu) Hepp!
ELSA: Sag mal, Karl-Friedrich, konnten wir uns nicht ein Häuschen hier bauen? Wäre doch viel lustiger als im Hotel! Ein Häuschen irgendwo in der Waldeinsamkeit. Und ich würde lernen, die ganzen einheimischen Speisen zu kochen. So richtig tirolerisch!
Stefan kommt mit einem Teller, aufdem zwei Butterstückchen sind, stellt den Teller ab, geht wieder, Karl-Friedrich schaut mißmutig auf die zwei kleinen Butterstückchen.
ELSA: (weiter) Es gibt hier einen Kochkurs, weißt du. Da lernt man auch
Brotbacken! Alles ganz gesund und natürlich!
KARL-FRIEDRICH: (lachelnd) Du entwickelst dich ja richtig zur Bäuerin,
Elschen!
Gunnar kommt auf Rollschuhen herein, Walkman umgehängt, Kopfhörer
an. Man hört leise Rockmusik aus den Kopförern.
GUNNAR: Morgen!
ELSA: Morgen, Gunnar!
Gunnar setzt sich, nimmt sich Semmel und Wurst, schneidet die Semmel auf.
HEINRICH: Mensch, Junge, nimm doch diese verdammten Kopfhörer ab! Gunnar reagiert nicht darauf
KARL-FRIEDRICH: Ich verlange pünktliches Erscheinen beim Frühstück! Hast du verstanden, Gunnar?
Gunnar hört ihn nicht.
HEINRICH: (laut) Gunnar! Du! Dein Vater spricht mit dir!
Gunnar schaut Heinrich nur an, beißt von seiner Semmel ab. Karl-Friedrich schüttelt seufzend den Kopf, Anna kommt mit einem Teller, auf dem zwei kleine Butterstückchen sind, stellt den Teller neben Gunnar ab.
GUNNAR: (freundlich zu Anna) He!
ANNA: Griaß di, Gunnar!
ELSA: Jetzt haben wir schon Butter, Anna!
KARL-FRIEDRICH: Laß nur da!
ANNA: (zu Gunnar) Kaffee?
Gunnar nickt. Anna geht wieder.
ELSA: Und die Butter würden wir uns direkt vom Bauern holen. (Lächelt.)
Oder selber eine Kuh halten. Was, Karl-Friedrich?
HEINRICH: (zu Gunnar) Wo ist Sabine? (Lauter.-) Wo Sabine ist, habe ich gefragt!
Gunnar zuckt die Schultern.
HOTEL ALPENFRIEDEN / TERRASSE. - Karl-Friedrich steht am Büffet, gibt Schinken und Käse zwischen Brotscheiben, packt alles in Servietten ein. Franz taucht auf, schaut ihm aus einiger Entfernung mit nicht gerade freundlicher Miene zu, geht dann zu ihm.
FRANZ:(sehr freundlich) Morgen, Herr Sattmann! Karl-Friedrich läßt sich nicht stören.
KARL-FRIEDRICH: Morgen!
FRANZ: Wie steht das werte Befinden?
KARL-FRIEDRICH: Gut! Danke!
FRANZ: Fein!
Karl-Friedrich geht an seinen Tisch zurück, Franz schaut ihm nach.
FRANZ: (murmelt) Scheiß-Piefke! Die soll ma a Leben lang aushalten!
Stefan kommt mit einem Tablett mit Kaffeekännchen vorbei.
STEFAN: Jetzt reicht's mir dann!
FRANZ: Was? Was reicht dir?
STEFAN: I steh bis Viere in der Früh hinter der Bar! I brauch mehr als zwoa Stunden Schlaf!
FRANZ: Ja, mir stellen eh no jemand ein!
STEFAN: (geht weiter) Da bin i gspannt!
FRANZ: (ruft ihm nach) I bin im Gemeindeamt!
Franz geht hinaus, kommt in der Nahe des Tisches vorbei, wo die Sattmanns sitzen. Karl-Friedrich reicht Elsa die Jausenpakete, sie gibt sie in ihre Handtasche. Gunnar hat jetzt seinen Kaffee, trinkt davon. Unten auf der Straße fährt Joe aufseiner Motocrossmaschine vorbei, hinter ihm sitzt Sabine. Laute Rockmusik von der Maschine. Die Sattmanns schauen von der Terrasse hinunter. Sabine steigt ab, küßt Joe flüchtig. Die beiden bemerken, daß man sie von oben beobachiet, schauen hinauf, Joe grinst, salutiert leicht.
ELSA: Jetzt ist sie schon wieder mit diesem Joe unterwegs! Unternimm doch was, Karl-Friedrich!
HEINRICH: (brallt hinab) Schalt diese verdammte Negermusik ab!
Astra richtet sich auf und bellt. Joe braust davon, Heinrich greift nach den Kopfhörern von Gunnar, reißt sie ihm herunter.
HEINRICH: Und du auch, verdammt!
Sabine kommt an den Tisch, Gunnar setzt sich die Kopfhörer wieder auf.
SABINE: (fröhlich) Schönen guten Morgen!
Sabine setzt sich, Elsa schaut sie vorwurfsvoll an, Sabine nimmt ein Kaffeekännchen, will sich einschenken, es ist leer, Sabine nimmt ein zweites Kännchen, auch das ist leer.
SABINE: Anna! Kaffee!
Anna nickt im Hintergrund.
KARL-FRIEDRICH: Wenn du noch einmal eine Nacht auswärts verbringst, reist du sofort ab!
SABINE: (beschwichtigend) Aber, Papi!
KARL,FRIEDRICH: (steht auf) Nee, Schluß, keine Debatte!
Karl-Friedrich nimmt seinen Bergsteigerhut, setzt ihn auf, nimmt seinen Wanderstock mit zahlreichen Stocknageln und geht Richtung Tür.
HEINRICH: Warte, Karl-Friedrich! (Zum Hund.) Komm, Asta!
Heinrich setzt seinen Strohhut auf, nimmt ebenfalls einen Stock und geht zu Karl-Friedrich.
KARL-FRIEDRICH: (dreht sich um) In 20 Minuten seid ihr abmarschbereit!
SABINE: Wieso abmarschbereit?
KARL-FRIEDRICH: Wir gehen wandern!
SABINE: Ich geh schwimmen!
KARL-FRIEDRICH: Du gehst mit uns wandern! Wenigstens im Urlaub möchte ich euch ein paar Stunden sehen! Verdammt nochmal!
SABINE: Ne, ich geh schwimmen!
ELSA: Ach, Sabine!
Karl-Friedrich wendet sich wütend ab und geht, Heinrich und Hund folgen ihm.
VOR DEM HOTEL ALPENFRIEDEN - Der jugoslawische Hausdienerputzt die Eingangstür, Franz steht daneben und raucht eine Zigarette, schaut sich um. Karl-Friedrich, Heinrich und der Hund kommen heraus.
HEINRICH: (zu Karl-Friedrich) Du hast leider absolut keine Autorität,
mein Sohn!
FRANZ: Na, mach ma an Morgenspaziergang?
Karl-Friedrich und Heinrich beachten Franz nicht, gehen Richtung Trafik davon. Aus der anderen Richtung kommt in Bergsteigerkleidung und mit Rucksack Hans Wechselberger.
FRANZ: Ah, der Herr Lehrer! Gemma aufn Berg?
HANS: Ja. Was dagegen, Bruderherz ... ?
FRANZ: Jaja, Lehrer müßt ma halt sein! Freizeit in Hülle und Fülle!
Hans verschwindet ums Eck, Franz schaut auf die Uhr, wirft die Zigarette auf den Boden, geht in die Richtung davon, aus der Hans gekommen ist. Der jugoslawische Hausdiener schaut Franz nach, tritt auf die noch glimmende Zigarette.